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Manager Magazin  Januar 2000
Leibes-Lektionen
Fit für die Firma: Immer mehr Unternehmen erwarten von ihren Managern
neben dem wachen Geist auch einen trainierten Körper. Jüngster Trend:
Eine Reihe von Chefs spendiert ihren geforderten Führungskräften
einen persönlichen Trainer, der jederzeit zur Verfügung steht. Eines
Tages war es so weit, da mochte sich der Kölner Medienmanager nicht
mehr im Spiegel ansehen. Wo einst das Oberhemd ein Waschbrett verbarg,
wölbte sich nun zusehends ein ansehnliches Embonpoint. Als Abhilfe
verordnete sich U. M. körperliches Training. Allerdings nicht wildes
Losrennen und hektisches Hantelstemmen, sondern ein wissenschaftlich
optimiertes morgendliches Kreislauftraining und ein wöchentliches
Muskeltraining, beides unter sportmedizinischer Anleitung. Und ohne
übermäßige Anstrengung. Das wirkte: Heute entspricht das Muskelkorsett
des 60-Jährigen, vermessen nach streng akademischen Methoden, exakt
dem eines 25-Jährigen. "Die gewachsene Muskelkraft", preist M. sein
verändertes Lebensgefühl, "hat mir zu einer Körperspannung verholfen,
die den Bewegungsablauf zu einem angenehmen Erlebnis werden lässt."
Die schönste Folge für ihn: "Als Segler stehe ich auf dem Vorschiff
viel Jüngeren in nichts nach." Die offensichtliche Wandlung verdankt
M. der klugen Vorsorge seines Unternehmens. Das legt seinen Führungskräften
Programme für die Körperertüchtigung ans Herz. Es ist eigens eine
Kooperation,mit einem professionellen Anbieter,dem Kölner Forschungs-
und Präventionszentrum (FPZ) des Trainingswissenschaftlers Achim
Denner, eingegangen. Das ist auf derlei Exerzitien für Leistungsträger
spezialisiert. Die gemeine Führungskraft bedarf solcher Fitnessnachhilfe
durchaus. 6O-Stunden-Wochen, abendliche Geschäftsessen, Schlafmangel,
Nikotin: und Alkohol, permanenter Termindruck und ausdauerndes Sitzen
- in Konferenzen, hinterm Schreibtisch im Büro oder im Flugzeug:
Das alles zehrt an der Gesundheit und an der Kondition der Leistungsträger.
85 Prozent von ihnen leiden an vegetativen Beschwerden, 75 Prozent
an überhöhten Cholesterinwerten, 73 Prozent an Rückenschmerzen,
so die Erhebung des Karlsruher Instituts für - Arbeits- und Sozialhygiene
(IAS) unter 12 000 Führungskräften. Ein Trauerspiel. Als Hauptursache
für den desaströsen Zustand haben Forscher den Mangel an Bewegung
ausgemacht. Eine Studie zum Bewegungsverhalten unter 3O- bis 55-jährigen
Angestellten, die Sportmediziner Denner angestellt hat, ergab, dass
drei von vier Befragten heute nicht mal die Minimalkriterien der
Weltgesundheitsorganisation an Bewegung erfüllen. "Der Mensch ist
vom Körperbau her ein Savannenläufer", sagt Denner, "wenn er diese
Bewegung nicht bekommt, dann implodiert er." Schnelles Handeln,
so scheint es, tut Not. Eine Reihe von Unternehmen hat Konsequenzen
gezogen. Sie dienen ihren Topmitarbeitern - schlichteste Lösung
- Betriebssportveranstaltungen an, wie Bertelsmann oder die Deutsche
Bank. Oder sie schicken ihre Manager, wie Lufthansa oder Porsche,
zu Wellness-Wochenenden; in abgelegene Wohlfühl-Resorts. Oder sie
errichten eigens Gesundheitszentren mit speziellem Trainingsangebot,
wie BMW im vergangenen Juni in München. Wieder andere, so etwa Gerling,
bieten ihren Leitenden ein Training zur "kreativen Stressbewältigung":
Unter Anleitung eines Arztes werden vier Tage lang Stress-Situationen
analysiert und in praktischen öbungen bewältigt - mit Sport soll
die Stressfähigkeit verbessert werden. Die Spitze der neuen Bewegungs-Bewegung
bilden jene Unternehmen, die ihren Managern den eigenen Fitnesscoach
gewähren. Weil es in einer neuen Generation von Nachwuchskräften
Trend ist. Aber auch, weil immer wieder selbst jüngere Manager von
gesundheitlichen Malaisen dahingerafft werden. Wie unlängst jener
Daimler-Chrysler-Mitarbeiter aus dem Führungskader, dessen plötzliches
Ableben Vorstandschef und Workaholic Jürgen Schrempp mit einer mahnenden
Hausmitteilung quittierte: "Leute, tut mir einen Gefallen, kümmert
euch mehr um eure Gesundheit." Unter dem Motto "Gesundheit ist nicht
alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts" forderte Schrempp
die Mitarbeiter auf, "bei aller Begeisterung für die Arbeit auch
an eine gesunde Lebensführung zu denken". Und verwies auf die Fitnessangebote
des Autohauses, die beachtlich sind. So gibt es Seminare für Führungskräfte,
die eine Woche dauern. Auf dem Programm stehen Herz- und Kreislauftraining,
Stressabbau und Gesundheitsberatung. Betreut werden die Manager
von Fachleuten, die sich individuell um jeden Einzelnen und dessen
spezielle Zipperlein kümmern. Eine fürsorgliche Behandlung, die
immer mehr Unternehmen ihren Spitzenkräften angedeihen lassen. Diesem
Trend verdankt das FPZ-Institut des Kölner Sportmediziners Denner,
spezialisiert auf Rückentraining, reichlichen Zulauf und das Anwachsen
auf bundesweit 48 Filialen. Ebenso wie die Münchener Agentur The
Health Performance Group der Ex-Managerin Ilka Faupel, die mittlerweile
in zwölf Städten lahmenden Leistungsträgern rund 5o freiberufliche
Trainer für aufmunternde Leibesübungen vermitteln kann. "Unser Kerngeschäft
ist das Einzeltraining mit Führungskräften", sagt Ilka Faupel, "die
nach individueller und zeitlich flexibler Behandlung verlangen.
Die Optimierung des Trainings ist hier oberstes Gebot".iese Erkenntnis
war das überzeugende Argument für die Siemens-Personalführung, die
ihren Leitenden sportliche Auffrischung mit persönlichen Fitnesstrainern
von Health Performance zuteil werden lässt. Die Stunde zu mindestens
I59 Mark, von denen drei Viertel der Konzern übernimmt, ein Viertel
der Manager. Getreu der Konzerndevise: Wer verantwortungsvoll mit
seinem Körper umgeht, der tut das auch mit seinem Job. Im Gegensatz
zu vielen Fitness-Studios mit oft selbst gestrickten Programmen
gehen Topanbieter der Branche wie Faupel oder Denner nach streng
wissenschaftlichen Kriterien vor. Das bedeutet, dass am Anfang des
Trainings immer ein Check-up steht, bei dem neben der allgemeinen
körperlichen Konstitution auch die Daten für Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit,
Schnelligkeit und Koordination erhoben werden. Nach diesen Werten
stellen die Trainer ein individuelles Programm zusammen, vom Laufen
im Grünen über Rückenübungen an ausgeklügelten Kraftmaschinen bis
hin zu Entspannungsbewegungen im Büro. All diesen Methoden gemein
ist ein eher behutsames Vorgehen. Gerade weil Manager - leistungsorientiert
im Beruf - dazu neigen, sich auch im Sport gefährlich zu überlasten,
fahren die Profitrainer mit ihnen lieber die sanfte Tour. Sport
statt Mord. Auch gegen das Hauptproblem der Leitenden, den Zeitmangel,
wissen die Anbieter geeignete Lösungen. Zum einen garantieren sie
hohe Flexibilität in der Termingestaltung, so dass Trainer theoretisch
an 365 Tagen W im Jahr zur Verfügung stehen, wenn es sein muss,
auch morgens um fünf. g Zum anderen eine wissenschaftlich : gestützte
Effizienz des Trainings, die es ermöglicht, den Zeitbedarf auf ein
t Minimum zu reduzieren. "Bereits mit einer Stunde in der Woche",
so Sportdoktor Denner, "kommen wir heute sehr weit."
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